Wien, 04. Oktober 2021

Stellungnahme der younion _ Die Daseinsgewerkschaft zur Urheberrechts-Novelle 2021

Aus unserer Sicht ist der vorliegende Gesetzesentwurf des Justizministeriums in wesentlichen Punkten abzulehnen.

Eines der Hauptziele der DSM-, aber auch der Online-KabelSat-Richtlinie der EU, nämlich die Leistungen aller Kreativen (besonders im Bereich der Musik- und Filmschaffenden und der darstellenden KünstlerInnen), auch im digitalen Umfeld (und dabei insbesondere für die Nutzungen durch bzw. auf große(n) Internet-Plattformen) adäquat und auf verlässliche Weise zu entlohnen, wird durch den Begutachtungsentwurf deutlich verfehlt.

Im Gegensatz zur Umsetzung in Deutschland werden die Rechte der Kreativen durch den Begutachtungsentwurf in keiner Weise gestärkt oder den Gegebenheiten im Online-Umfeld angepasst. Anstatt klare Lösungen vorzusehen, werden neuerlich unklare Bestimmungen geschaffen bzw. prolongiert, die keine gesetzgeberische Bereinigung der unbefriedigenden Situation bewirken, sondern die alten Uneinigkeiten und unterschiedlichen Rechtsauslegungen konserviert, an denen die angemessene Berücksichtigung aller Kunstschaffenden aufgrund ihrer bekanntermaßen schwächeren Verhandlungsposition scheitert.

Wir fordern daher einen unverzichtbaren Vergütungsanspruch, insbesondere der ausübenden KünstlerInnen für Online-Nutzungen direkt gegen die Plattformen zu schaffen, wie dies nicht nur in Deutschland verankert, sondern auch noch im Arbeitsgruppen-Entwurf zur Urh-Nov im Dezember 2020 vorgesehen war.

Damit eng verknüpft muss sich ein Vergütungsanspruch auch für jene freien Werknutzungen etablieren, die im Zusammenhang mit User Generated Content (UGC) auf Internet-Plattformen besonders relevant sind (vgl. § 42f Abs 2 des Entwurfs).

Insbesondere diesen, wohl einzig effektiven Schritt, um die Kreativen tatsächlich zu einer gerechten Entlohnung im Online-Plattform-Kontext kommen zu lassen, hat der dt. Gesetzgeber gesetzt, und sollte diesbezüglich als Vorbild dienen.

Besonders hervorheben wollen wir auch die Formulierung der Ausnahme von „Werken, die im Rahmen eines arbeitsrechtlichen Verhältnisses geschaffen werden“ in Bezug auf die Anwendbarkeit des so genannten Zweckübertragungsgrundsatzes (§ 24c des Entwurfes) sowie im Zusammenhang mit der „anderweitigen Verwertung“ (§ 31a des Entwurfs).

Durch diese Nichtanwendbarkeit auf ArbeitnehmerInnenwerke- und darbietungen entsteht eine Lücke im Schutzsystem zuungunsten der Kreativen. Denn so kann die bloße Tatsache, in einem wie immer gearteten arbeitsrechtlichen Verhältnis zu stehen bzw. gestanden zu sein, zur gänzlichen Schutzlosigkeit vor zukünftiger „Ausbeutung“ der währenddessen für den Arbeitgeber hervorgebrachten Werke und Leistungen führen.

Denn offenbar sollen mangels Anwendbarkeit des Zweckübertragungsgrundsatzes sämtliche Rechte und Verwertungsarten ohne Widerrufsmöglichkeit für die gesamte Schutzdauer als eingeräumt gelten und in Fällen, in denen kein gesonderter Vertrag über die Verwertungsrechte vorliegt, auch die fundamentalen Ansprüche auf angemessene Vergütung (§ 37b des Entwurfs) und Vertragsanpassung (§ 37c des Entwurfs) für diese häufigen Fälle nicht zustehen.

Daher fordern wir zumindest eine Klarstellung dahingehend, dass die §§ 37b und 37c auch auf Werke und Leistungen anzuwenden sind, die im Rahmen eines arbeitsrechtlichen Verhältnisses geschaffen bzw. erbracht wurden.

Um trotz der allerorts häufigen Schließung der Kunst- und Kulturbetriebsstätten wenigstens einigermaßen die eigenen Darbietungen darbringen und das Bedürfnis des Publikums nach Kunst- und Kulturgenuss auch in Pandemiezeiten decken zu können, nutzte die Branche vermehrtdie Online-Medien. Kulturbetriebe, etwa mit Berufsorchestern, aber auch Einzelinterpreten – auch im freischaffenden Bereich – präsentierten (Live)-Aufführungen in diversen Online-Medien. Es kann nicht sein, dass dabei insbesondere BerufsmusikerInnen ohne gesetzlich verankerten Anspruch auf angemessene Entlohnung für die Darbietung ihrer Werke im virtuellen Raum bleiben.

Der vorliegende Gesetzesentwurf beinhaltet im Vergleich (etwa) zur deutschen UrhG-Novelle eine massive Schlechterstellung für die österreichischen Kunstschaffenden. Es ist unerklärlich, dass gerade die österreichische Kunst- und Kulturnation jene – im Vergleich zu den übrigen europäischen Kunstschaffenden – benachteiligt, die diese Kunst und Kultur hervorbringen und darbieten.

Als Gewerkschaft ist das komplette Fehlen von unverzichtbaren Vergütungsansprüchen nicht hinzunehmen.

Zusammenfassend nochmals unsere Forderungen:

  • Plattformhaftung
  • Verwertungsgesellschaftenpflichtige, unverzichtbare Vergütungsansprüche (Online-Abgeltung) für ausübende KünstlerInnen direkt gegenüber den Plattformbetreibern
  • Angemessene Berücksichtigung auch aller UrheberInnen und ausübenden KünstlerInnen in Arbeits- und Dienstverhältnissen
  • Vergütungsansprüche insbesondere auch bei den freien Werknutzungen des § 42f Abs 2)

Im Übrigen verweisen wir auf unsere Stellungnahme zum Arbeitsgruppen-Entwurf vom Dezember 2020.

Resümee: Österreich ist ein international anerkanntes Kunst- und Kulturland.

Es ist nicht nachvollziehbar, dass ausgerechnet die österreichischen Kunstschaffenden innerhalb Europas (im Gegensatz vor allem zu den deutschen KollegInnen) massiv schlechter gestellt werden sollen.

Veröffentlicht am: 23. Januar 2022